Sarkoplasmatische und Myofibrilläre Hypertrophie: Was wissen wir in Juli 2024?
Sarkoplasmatische und Myofibrilläre Hypertrophie: Was wissen wir in Juli 2024?

Der Begriff Hypertrophie selbst beschreibt lediglich die Größenzunahme eines Gewebes oder Organen durch Steigerung der Zellgröße.
Arten der muskulären Hypertrophie:
In der Muskulatur sind demnach zwei Arten von Vergrößerung zu beobachten, die Erste ist eine Vergrößerung des Sarkoplasma (Zellinhalt der Muskelzelle) und die Zweite ist eine Zunahme der Bestandteile der Myofibrillen (vorwiegend der kontraktilen Proteinen, wie Aktin und Myosin).
Aufbau der Muskelfaser:

Myofibrillen:

Optimaler wäre es zwischen einem Zuwachs von folgenden Geweben zu unterscheiden:
- Bindegewebe (Knochen)
- Myofibrillär (Aktin, Myosin)
- Sarkoplasmatisch (ATP, Kreatinphosphat, Glykogen, Wasser)
Zusammenhang der Hypertrophie mit Kraftproduktion:
Da jede dieser Anpassungsmechanismen von Muskelgewebe durch Krafttraining angestoßen wird, sind die Ursachen eines Kraft- und Muskelzuwachses mit Vorsicht zu interpretieren. Denn nur myofibrilläre Hypertrophie scheint im direktem Zusammenhang mit Fähigkeit zur Kraftproduktion der Muskelfaser zu liegen (Taber et al., 2019).
Kraft kann sich auch ohne Erhöhung der Muskelgröße verbessern (Parente et al., 2008).
Kraftzuwächse sind nicht immer die Folge von einer Zunahme des Muskelvolumens oder der Masse (Ahtiainen et al., 2016).
Jedoch schließt dies einen möglichen Zuwachs der Kraft durch Hypertrophie nicht aus!
Anpassungen durch Krafttraining:
Betrachtung von untrainierten und trainierten Populationen.
Untrainierte:
Kurzzeitstudien zeigen, dass bei Unterminierten der Kraftzuwachs schneller stattfindet als der Zuwachs an Muskelgewebe. Typischerweise sind bereits nach 4-6 Wochen höhere Muskelkräfte zu beobachten, ohne großartige Hypertrophie (Moritani & deVries, 1979; Seynnes et al., 2007).
Dies erklärt den geringen Zusammenhang von Hypertrophie und Kraft in untrainierten Personen. Dabei lässt sich lediglich 2-28% der Varianz im Kraftzuwachs durch Muskelwachstum erklären (Taber et al., 2019).
Trainierte:
Langzeitstudien in trainierten Personen empfehlen, dass Hypertrophie (bestimmt durch Körpermasse und Faserquerschnitt) für eine 65%-Varianz im Kraftzuwachs verantwortlich ist (Baker et al., 1994; Cribb et al., 2007).
Die Daten zeigen auf, dass es einen Vorteil, für Sportarten wie Kraftdreikampf oder Olympisches Gewichtheben, hat mehr Muskelmasse im Verhältnis zur Körpergröße zu haben ist.
Verhältnis von sarkoplasmatische und myofibrilläre Hypertrophie
Reaktionen auf Krafttraining
Es wird vermutet, dass sarkoplasmatische Hypertrophie ein Mechanismus für die Förderung von späterer Sarkomer-Einlagerung in parallel ist (radiale myofibriläre Hypertrophie). Normal seien eine Vergößerung des mittleren Musklfaserquerschnitts (fCSA) von 15-30% durch Krafttraining nach Monaten (Grgic & Schoenfeld, 2018).
Muskelfasern scheinen mehr Platz für den Aufbau von myofibrilären Protein zu machen. Ist der Raum ausreichend, wird mit dem Aufbauen begonnen.
Hohe und niedrige Intensitäten:
Es wurde festgestellt, dass sarkoplasmatische Hypertrophie in gut-trainierten Bodybuildern, mit hohem Trainingsvolumen und moderaten Intensitäten, stattfindet (MacDougall et al., 1982; Meijer et al., 2015).
Die myofibrilläre Hypertrophie scheint in schnellkräftigen Athleten:innen, mit höheren Intensitäten und niedrigem Trainingsvolumen statt zu finden (Meijer et al., 2015; Flück et al. 2019).
Roberts et al. (2020) gehen davon aus, dass Muskelfasern zu einem Zeitpunkt keine weiteren Myofibrillen aufgrund eines resultierenden erhöhten Stresses der bestehenden myonuklearen Domains aufbauen können. Dieser Mechanismus ist wahrscheinlich bei langjährigen Krafttraining mit hohem Trainingsvolumen (Bodybuilding) vorzufinden.

In der Literatur herrschen immer noch große Fragen über die Effekte von verschiedenen Krafttrainingsmethoden auf die genauen Anpassungen der Muskelfaser auf mikroskopischer Ebene.
Conclusion
Muskelmasse ist ein Vorteil in Wettkämpfen des Kraftdreikampfs und Olympischem Gewichtheben. Myofibrilläre Hypertrophie bringt einen entscheidenen Vorteil in Sportarten mit Gewichtsklassen.
Muskelzuwachs zu messen ist nicht genau, egal wie man es macht man kann noch nicht sehr genau, und wenn dann sind diese Verfahren sehr aufwendig, direkte Anteile der Gewebsanpassungen unterscheiden. Die geringe Korrelation zwischen Kraft und Hypertrophie in untrainierten Populationen scheint die Annahme zu bestätigen, dass zunächst neuronale Prozesse und eine höhere Bewegungseffizienz die Ursache dafür zu sein scheinen.
In trainierten Personen wendet sich das Blatt, Hypertrophie ist für einen großen Teil der Variabilität der Kraftentwicklung verantwortlich. Ob die Veränderung der Muskelgröße ein direkter kausaler Faktor für Kraft ist steht in den Sternen. Mehr Muskelmasse pro Körpergröße ist aber klar für Kraftdreikampf und Olympisches Gewichtheben ein Wettkampfvorteil.
Da myofibrilläre Hypertrophie vermutlich direkten Beitrag zur Kraftproduktion der Muskelfaser hat, ist diese für Sportarten mit Gewichtsklassen anzustreben. Sarkoplasmatische Hypertrophie scheint ein nötiger Mechanismus für die myofibrilläre Hypertrophie zu sein, welche jedoch keinen direkten Zusammenhang zu Kraft hat.
Literaturverzeichnis:
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- Taber, C. B., Vigotsky, A., Nuckols, G., & Haun, C. T. (2019). Exercise-induced myofibrillar hypertrophy is a contributory cause of gains in muscle strength. Sports Medicine, 49(7), 993-997.
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- Ahtiainen, J. P., Walker, S., Peltonen, H., Holviala, J., Sillanpää, E., Karavirta, L., Sallinen, J., Mikkola, J., Valkeinen, H., Mero, A., Hulmi, J. J., & Häkkinen, K. (2016). Heterogeneity in resistance training-induced muscle strength and mass responses in men and women of different ages. Age (Dordrecht, Netherlands), 38(1), 10. https://doi.org/10.1007/s11357-015-9870-1
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- Grgic, J., & Schoenfeld, B. J. (2018). Are the Hypertrophic Adaptations to High and Low-Load Resistance Training Muscle Fiber Type Specific?. Frontiers in physiology, 9, 402. https://doi.org/10.3389/fphys.2018.00402
- MacDougall, J. D., Sale, D. G., Elder, G. C., & Sutton, J. R. (1982). Muscle ultrastructural characteristics of elite powerlifters and bodybuilders. European journal of applied physiology and occupational physiology, 48(1), 117–126. https://doi.org/10.1007/BF00421171
- Meijer, J. P., Jaspers, R. T., Rittweger, J., Seynnes, O. R., Kamandulis, S., Brazaitis, M., Skurvydas, A., Pišot, R., Šimunič, B., Narici, M. V., & Degens, H. (2015). Single muscle fibre contractile properties differ between body-builders, power athletes and control subjects. Experimental physiology, 100(11), 1331–1341. https://doi.org/10.1113/EP085267
- Flück, M., Kramer, M., Fitze, D. P., Kasper, S., Franchi, M. V., & Valdivieso, P. (2019). Cellular Aspects of Muscle Specialization Demonstrate Genotype - Phenotype Interaction Effects in Athletes. Frontiers in physiology, 10, 526. https://doi.org/10.3389/fphys.2019.00526
- Roberts MD, Haun CT, Vann CG, Osburn SC and Young KC (2020) Sarcoplasmic Hypertrophy in Skeletal Muscle: A Scientific “Unicorn” or Resistance Training Adaptation? Front. Physiol. 11:816. doi: 10.3389/fphys.2020.00816