Tapering-Modelle: Physiologische Anpassungen im Kraftdreikampf

Tapering-Modelle: Physiologische Anpassungen im Kraftdreikampf
©International Powerlifting Federation - IPF

Step- und Exponential-Tapering werden immer häufiger für die Vorbereitung auf einen Wettkampf genutzt, um die Maximalkraft zu steigern. Welche unterschiedliche Anpassungen verursachen die Taperformen?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst den Taper erklären und die verschiedenen Modelle betrachten:

"The taper is a progressive nonlinear reduction of the training load during a variable period of time, in an attempt to reduce the physiological and psychological stress of daily training and optimize sports performance"

(Le Meur et al., 2012, p. 77)

Wir unterscheiden zwischen drei Tapermodellen:

  1. Linearer Taper
  2. Exponentieller Taper
  3. Stufen Taper
Von Le Meur et. al, 2012
  1. Linearer Taper: Trainingsbelastung wird kontinuierlich linear (z.B. jede Woche 15% weniger) reduziert.
  2. Stufen Taper: Konstante Trainingsbelastung mit Reduktion um einen fixen Wert über eine gewisse Dauer (z.B. Woche 1 um 10%, Woche 2 um 8%).
  3. Exponentieller Taper: Exponentielle Reduktion der Trainingsbelastung (z.B. eine 60%-Belastungsreduktion, gefolgt von einer 40% Belastungsreduktion).

Ziel des Tapering ist die Reduktion der physiologischen und psychologischen Ermüdung des bisherigen Trainings (Mujika, 2010). Nach dem Fitness-Fatigue Model wird die aktuelle Leistungsfähigkeit von der Ermüdung des Trainings maskiert und die eigentliche maximale Leistung nicht abrufbar. Der Taper bringt diese zum Vorschein.

Fitness-Fatigue Model (Zweifaktor-Modell):

Training loads and player wellness in youth sport: Implications for illness - Scientific Figure on ResearchGate. Available from: https://www.researchgate.net/figure/The-fitness-fatigue-model-Figure-adapted-from-Fitz-Clarke-et-al-1991_fig2_341452383 [accessed 23 Jul 2024]
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Der durchschnittliche Leistungszuwachs durch ein Tapering im Kraftdreikampf beträgt circa 3-5 %. Je weniger Trainingserfahrung desto mehr prozentueller Zuwachs.

Step- vs. Exponetial-Tapering

im Powerlifting

Eine Review von Travis und Kollegen (2020) hat die gängigsten Taperingmethoden untersucht.

© 2020 Travis, Mujika, Gentles, Stone, Bazyler. Licensee MDPI, Basel, Switzerland. CC BY 4.0. https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Aufgrund der geringen Stichprobengröße des linearen Taperings, kann man über diesen keine klaren Aussagen machen.

Anpassungen der Skeletmuskulatur und Maximalkraft

Step- und Exponential-Tapering

Travis et al. (2021) untersuchten die Anpassungen der Skelettmuskulatur und der Maximalkraft durch das Durchführen von einem Step- oder Exponential-Tapering.

Probanden:
16 Powerlifter (24.0 ± 4.0 years, 174.4 ± 8.2 cm, 89.8 ± 21.4 kg) mit Kraftwerten in der Kniebeuge: 174.7 ± 33.4 kg, Bankdrücken: 118.5 ± 29.9 kg, and Kreuzheben: 189.9 ± 41.2 kg nahmen an der Studie teil.

Es wurde ein 6-wöchiges Trainingsprogramm ausgeführt, mit dem Ziel die Maximalkraft in der Kniebeuge, beim Bankdrücken und im Kreuzheben zum peaken zu bringen. Die Powerlifter wurden in ihren relativen Kraft miteinander gematcht und zufällig in zwei Gruppen eingeteilt.

Gruppe A: 1-wöchiges Overreaching und 1-wöchiges Step-Tapering
Gruppe B: 1-wöchiges Overreaching und 3-wöchiges Exponential-Tapering

Trainingsprogramm der beiden Gruppen:

© 2021 Travis, Zwetsloot, Mujika, Stone and Bazyler. CC BY 4.0. https://creativecommons.org/licenses/by/4.0

Messung:
- Pre- und Post Maximalkrafttestung in Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben
- Testung der Sprungleistung im Squat Jump
- Isometrische Maximalkraft in Kniebeuge bei 90° Knieflexion
- Körperzusammensetzung (Bioelektrische Impedanzmessung, Muskelbiopsie, usw.)

Ähnliche Veränderung des 1RM

zwischen Stufen- und Exponentiellen-Taper

Die Veränderung im 1RM beim Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben waren nahezu indent zwischen den beiden Tapermodellen. Jedoch scheint es würde das 1RM im Kreuzheben ein Exponential-Tapering bevorzugen.
Die Leistung im Squat Jump und die isometrische Maximalkraft in der Kniebeuge war zwischen den beiden Taperings nicht beeinflusst worden.

1RM Entwicklung zwischen den Gruppen:

© 2021 Travis, Zwetsloot, Mujika, Stone and Bazyler. CC BY 4.0. https://creativecommons.org/licenses/by/4.0

Praktische Applikationen

Das Step-Tapering scheint muskuläre Anpassungen, wie Umwandlung zu Typ-2-Muskelfasern zu begünstigen, verglichen mit einem Exponential-Tapering.
Das Exponential-Tapering scheint neuronale Anpassungen, vor allem im 1RM des Kreuzhebens.

Travis et al. (2021) empfehlen Kraftathleten:innen ein 1-wöchiges Overreaching bei einer >150%-Steigerung des Volumens ein 1-3-wöchiges Step- oder Exponential-Tapering bei einem 50% Volumen durchzuführen, um die Maximalkraft zu verbessern.

Aktuelle Empfehlungen für ein Tapering (Travis et al., 2020):

Volumen: Reduktion von 30-70%
Intensität: >=85% 1RM
Modell: Stufen oder Exponentiell
Dauer: 1-4 Wochen, danach 2-7 Tage Rest

In der letzten Woche vor dem Wettkampf wird die Intensität wieder verringert, um das neuromuskuläre System zu entlasten und optimal für dem Wettkampftag vorbereitet zu sein.
Die Effektivität des Tapers kann daran manipuliert werden, dass die Trainingsbelastung gut verteilt wurde und zum Wettkampf bewusste Ruhetage geplant werden.

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Pritchard et al. (2015) gehen sogar davon aus, dass die optimale Taperdauer bei 2 Wochen liegt.

Literaturverzeichnis:

  1. Travis, Spencer K., "Peaking for Maximal Strength: Muscular Adaptations and Performance Outcomes" (2021). Electronic Theses and Dissertations. Paper 3935. https://dc.etsu.edu/etd/3935
  2. Travis SK, Zwetsloot KA, Mujika I, Stone MH and Bazyler CD (2021) Skeletal Muscle Adaptations and Performance Outcomes Following a Step and Exponential Taper in Strength Athletes. Front. Physiol. 12:735932. doi: 10.3389/fphys.2021.735932
  3. Travis, S. K., Mujika, I., Gentles, J. A., Stone, M. H., & Bazyler, C. D. (2020). Tapering and Peaking Maximal Strength for Powerlifting Performance: A Review. Sports (Basel, Switzerland)8(9), 125. https://doi.org/10.3390/sports8090125
  4. Le Meur, Yann & Hausswirth, Christophe & Mujika, Iñigo. (2012). Tapering for competition: A review. Science & Sports. 27. 10.1016/j.scispo.2011.06.013.
  5. Pritchard, Hayden & Keogh, Justin & Barnes, Matthew & McGuigan, Michael. (2015). Effects and Mechanisms of Tapering in Maximizing Muscular Strength. Strength & Conditioning Journal. 37. 72-83. 10.1519/SSC.0000000000000125.
  6. Sawczuk, Thomas. (2019). Training loads and player wellness in youth sport: Implications for illness. 10.13140/RG.2.2.16012.95363.
  7. Mujika I. (2010). Intense training: the key to optimal performance before and during the taper. Scandinavian journal of medicine & science in sports20 Suppl 2, 24–31. https://doi.org/10.1111/j.1600-0838.2010.01189.x